Mückenschreckstoffe oder Repellentien
Geschichtliches
Die Verwendung von repellierenden Substanzen zur Abschreckung von blutsaugenden Parasiten ist bereits tausende von Jahren alt und auch aus dem Tierreich bekannt. Kapuzineräffchen reiben ihr Fell z.B. mit Tausendfüßlern oder den Blättern bestimmter Zitrus- oder Pfefferpflanzen ein, korsische Blaumeisen flechten Schopflavendel, Zistrosen und Schafgarbe in ihre Nester, um Lästlinge von ihrer Brut fernzuhalten und der Schopfalk verändert während der Brutzeit seinen Körpergeruch, indem er verstärkt bestimmte Aldehyde absondert, die ihn für Blutsauger uninteressanter machen.
Vor 2500 Jahren wurde erstmals die Verwendung von Repellents durch den Menschen dokumentiert: Die alten Ägypter verbrannten Rizinusöl in ihren Schlafstätten und betteten sich unter rudimentären Bettnetzen. Die Römer rieben sich die Haut mit einer Mischung aus Öl, Essig und Manna ein, außerdem verbrannten sie bestimmte Kräuter wie Lorbeer, Oregano oder Schwarzkümmel. Die Ureinwohner Amerikas verwendeten einen Aufguss aus Bärenklau für die Haut oder legten Beifußpflanzen auf glühende Kohlen. Auch das Einreiben mit Schlamm schaffte eine gewisse Barriere zwischen Blutsauger und Haut. Die Verbrennung von pflanzlichen Materialien ist weit verbreitet und findet auch heute noch Verwendung in ländlichen tropischen Regionen; für die Abschreckung sorgt hierbei allerdings mehr der dichte Qualm und weniger die enthaltenen ätherischen Öle. Der Rauch reduziert die Luftfeuchtigkeit und erhöht die Vertrocknungsgefahr für die Stechmücken, außerdem markiert er die für die Wirtsfindung wichtigen Körpergerüche und besonders das ausgeatmete CO2.
Kommerzielle Produkte
Die ersten modernen Repellents zum Auftragen auf die Haut basierten ebenfalls auf einer Mischung ätherischer Öle, wie z.B. Citronella und Kampfer, allerdings war die Wirkdauer dieser Mischungen sehr kurz. Bis Ende der vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts waren nur drei chemische Substanzen mit guten repellierenden Eigenschaften identifiziert worden: Dimethylphtalat (DMP), Indalon und das sog. Rutgers 612. Das US Militar investierte schließlich in ein großangelegtes Wirkstoffscreening von über 20.000 Substanzen, nachdem durch Vektoren übertragene Krankheiten zu einem enormen Truppenausfall während des zweiten Weltkrieges geführt hatten. Im Jahre 1953 wurde der Goldstandard unter den bis heute bekannten Insektenabwehrstoffen entdeckt: Diethyltoluamid, kurz Deet. Er ist auch heute noch in vielen Produkten enthalten und wird jährlich von über 200 Millionen Menschen zum Schutz vor Insektenstichen verwendet. Im Laufe der Jahre hat sich sowohl die Anzahl wirksamer Substanzen als auch die gesamte Palette an kommerziellen Anti-Mückenprodukten stark erweitert und beschränkt sich nicht mehr nur auf Formulierungen zum Auftragen auf die Haut. Der Markt bietet Kerzen, Fackeln und Wirkstoffverdampfer auf ätherischer Öl-Basis, Insektizidverdampfer für die Steckdose, Räucherspiralen für den Einsatz im Freien, imprägnierte Textilien, insektizidbehandelte Bettnetze bis hin zu elektrischen Geräten, die durch das Aussenden hochfrequenter Töne Stechmücken in die Flucht schlagen sollen – letztere haben in zahlreichen Labor- und Feldversuchen allerdings keinerlei Wirksamkeit gezeigt. Ebenfalls wenig wirksam sind Citronellakerzen oder -verdampfer; zwar besitzt das Öl an sich eine gewisse abschreckende Wirkung, aufgrund seines hohen Dampfdrucks ist diese aber sehr schnell verflogen – ein Nachteil, den die meisten ätherischen Ölen aufweisen. Sollte also ein Repellent auf Basis eines ätherischen Öles zur Anwendung kommen, ist es wichtig, dieses in kürzeren Abständen neu aufzutragen. Für Tropenaufenthalte sind diese Mischungen von daher ungeeignet.
Für einen besseren Durchblick im Produkt- und Wirkstoffdschungel empfiehlt die amerikanische Umweltbehörde EPA z.B. nur Produkte zum Auftragen auf die Haut, die einen der folgenden Wirkstoffe enthalten: Deet, Picaridin, IR3535, para-Menthan-3,8-diol, Katzenminze- und Zitroneneukalyptusöl, Citronellaöl und Undecanon.
Wirkweise(n)
Die Wirkungsweise repellierender Substanzen ist bis dato nicht zufriedenstellend geklärt. Nach der verbreitetsten Definition ist ein Repellent oder Schreckstoff ein Wirkstoff, der vom Zielorganismus über dessen Geruchssinn wahrgenommen wird und eine zur Quelle entgegengesetze Bewegung auslöst. In der Praxis wird ein derartiges Fluchtverhalten selten beobachtet, vielmehr wird die Abschreckung durch den Kontakt zwischen Insekt und behandelter Oberfläche ausgelöst. Ein Repellent ist also vielmehr eine Substanz, die über die Aktivierung bestimmter, noch nicht genau identifizierter Signalketten eine stichverhindernde Wirkung auslöst.
Quellen:
Debboun M., Frances S.P. & Strickman D. (2006) Insect Repellents: Principles, Methods, and Uses. CRC Press, Boca Raton. ISBN: 978-0-84937-196-7
Rose A. & Kröckel U. (2010) Prävention vektoriell übertragener Infektionen. In: Rieke B., Küpper Th. & Muth C.M. (Hrsg.): Moderne Reisemedizin. Handbuch für Ärzte, Apotheker, Reisende. Gentner Verlag, Stuttgart. ISBN 978-3-87247-708-8.